Kurzmeldung

17.Juni 2019
Der Velocita Blog ist jetzt 8 Jahre alt und hat etwas Speck angesetzt, den man nicht so leicht „wegoperieren“ kann. Es gibt viele Links auf Elemente des Blogs, diese sollen weiter funktionieren. Daher starten wir mit Beginn 2019


die alten Blogs sind dort über das „Archiv“ zu erreichen. Beiträge von Jänner bis Juni 2019 sind doppelt vorhanden (alter und neuer Blog).



15.Juni „Der Alpenrap“ naht    in einer Woche startet die Tour Transalp 2019
6.Juni Bregenz - Wien    Gerhards Österreich Rundfahrt
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Freitag, 20. September 2013

Friaul 2013 - Rennradrevier vom Feinsten

Die Vorgeschichte: Von den Alpenpässen Frankreichs zurückgekehrt spürte ich innerhalb kürzester Zeit Symptome eines Hungerastes. Diese interpretierte ich als ungestillten Hunger nach weiteren (Berg)km - wohl eine Folge meiner langwierigen Verletzungen im letzten Jahr und der daraus resultierenden Radabstinenz. Das hat in mir Unruhe und Gereiztheit (man kennt das ja in solchen Fällen) ausgelöst mit folgendem Ergebnis: Wetterbericht gucken, Quartier in Friaul (Arta Terme bei Tolmezzo) suchen und buchen, Bergrad von sebthebike checken lassen, Volltank und ab über die Südautobahn. Da bin ich nun: in einem tollen und preiswerten Hotel mit Wellnessbereich, abgesperrtem Radraum etc.). Ein Schnäppchen.


 1.Tag - Der Beinekaputtmacher: Einrollen mit einem Abstecher über Dörfer mit moderaten 7% zum Aufwärmen bis Ovaro. Anschließend die Giro-Originalstrecke auf den Monte Zoncolan (9km, 1200hm). Der Mortirolo anfang Juli erscheint mir aus heutiger Sicht dagegen wie ein Kindergeburtstagsberg. Mit 34-30 konnte ich wenigstens geradeaus rauffahren. Bei 10% in einigen Kehren glaubt man, es geht bergab. 12% wirken flach, erst dann fühlt man den Anstieg. Ab 16% zeigt mein Garmin nix mehr an (der hat wohl Mitleid mit mir). Wenn Endorphine gewogen werden könnten, wären auf der Passhöhe ein paar Kilo gepurzelt. Einfach ein geiles Gefühl. Damit kmety nicht überschnappt, gibt´s zur Begrüßung auf 1700m gleich mal einen ordentlichen Regenschauer, der die Abfahrt ziemlich rutschig macht. Ein kleiner Ausritt in die Botanik ohne Folgen holt mich auf den Boden der Realität zurück. Weil mir Quälen so viel Lust bereitet, verlängerte ich kurzerhand die Tour über den sog. Treppo Carnicho. Dachte dabei zuerst an den Treppelweg an der Donau. Irrtum. Treppo muss wohl Treppe heißen, weil über mehrere Treppen mit 16%. Oben angekommen schon wieder dieses geile Gefühl (s.o.). Ein neuerlicher Regenschauer hielt mich zum Glück davon ab, die Tour nochmals zu verlängern. Morgen ist ja auch noch ein Tag.

2.Tag - Die Entdeckungsfahrt: Voller Tatendrang den Magen beim Frühstück auf Halbkugel ausgedehnt. Dann beim Kleidercheck vor dem Hotel die Ernüchterung - Starkregen. Abfahrt verschoben. 11Uhr - Endlich kann´s losgehen. Nur mehr nieseln und Spritzwasser von unten. Meine Tagesziele von heute definierten sich mit Sella Chianzután, Monte Rest und dem Auskundschaften einer fahrbaren Querverbindung zwischen diesen beiden Buckeln. Während dieser Querfahrt auf unterschiedlich gut asphaltiertem Untergrund begegnete ich vorerst keiner Menschenseele, es überholte mich nur ein roter Kastenwagen (wie sich später herausstellte, die mobile Nahversorgung). Endlich, nach Kilometern der Einsamkeit, ein Dorf. An einer Weggabelung blieb ich stehen, orientierte mich und zückte die Kamera wegen überwältigender Motive für selbige. Plötzlich die sich vor Begeisterung überschlagende Stimme einer Dorfbewohnerin aus dem Hintergrund: "Touristicooo". Sofort der Konter von mir: "No, Cyclisticooo". Damit wollte ich mein Erscheinungsbild korrigieren, was vermutlich mit der angelegten Kamera misslungen ist. Angesichts meiner bedrohlichen Anwesenheit und der erkennbaren Absicht, Fotos zu schießen, versteckten sich die Frauen hinter dem Kastenwagen. Bin ich heute etwa den Ureinwohnern Friauls begegnet?

3.Tag - 3 Pässe mit Kurzbesuch im Ösiland : Kaiserwetter am Morgen. An Tagen wie diese (frei nach den Toten Hosen) ... Plöckenpass - Nassfeldpass - Sella di Cereschiatis. Die letzten paar Km auf den Plöckenpass ein architektonisches Gustostückerl (übereinander geschachtelte, in den Fels hineingebaute Fahrbahn, versehen mit Tunnelkehren). Der Nassfeldpass auf 11Km selten unter 10%. Zur Belohnung für die Mühen bergauf eine rauschende Abfahrt nach Pontebba in einzigartiger Landschaft zwischen Felsen, Geröll, Tunnels, Brücken, Bächen und Schlaglöchern. Der dritte Pass dann nur noch Spielerei in lieblicher Natur. In der Stille friaulischer Anstiege kann man noch seinen Atem hören (ohne störenden Motorenlärm). Dieses geile Gefühl des ersten Tages wird wieder spürbar. Bei der Abfahrt eine Schrecksekunde als ein Reh unmittelbar vor mir über die Fahrbahnbegrenzung springt. Kurz gebremst - nix passiert - Reh wieder im Wald verschwunden - zurück bleibt das Gefühl als Radfahrer noch mit der Natur eins sein zu können.

Nachsatz: In Friaul gibt´s noch viel zu entdecken. Ungewöhnlich die Verkehrsarmut abseits der Hauptstrecken. Bessere Fahrbahnbedingungen als in anderen Teilen Italiens, die als Trainingsreviere bekannter sind. Die Preise insgesamt erstaunlich niedrig, die Menschen sehr bemüht um den Gast und dementsprechend freundlich.